Schon in den frühesten Rezensionen des Romans wurde darüber diskutiert, ob darin Ironie waltete oder nicht. Bei Ernst Bertram relativiert nicht nur der Märchenstil den anscheinend glücklichen Romanschluss, dies tue auch „eine allerletzte heimliche und trübe Selbstironie“ (Bertram, S. 85). So sah auch Monty Jacobs „eine humorgesättigte Ironie“ (161), Eugen Kalkschmidt „eine ironische Färbung des Erzählten“ (166), Hermann Wendel „die feinste und zugespitzteste Ironie“ (167) und später Kurt Martens „eine scharfe Lauge von Ironie“ (188) im Werk, während umgekehrt Franz Servaes dem Roman jede Ironie absprach (162).
In grosser Übereinstimmung mit der Deutung des Romans durch Ernst Bertram wird ein halbes Jahrhundert später Reinhardt Baumgart in seiner klassischen Studie über das Ironische und die Ironie in den Werken Thomas Manns aus dem Jahr 1964 Königliche Hoheit als ein überaus ironisches Werk sehen. Zunächst steht für ihn der ganze erste Teil des Romans im Lichte der Ironie:
„Jene mit beziehungsreicher Symbolik und leitmotivischen Anspielungen durchsetzte Analyse der repräsentativen Daseinsform, die den ganzen ersten Teil des Romans einnimmt, kann ihre Ironie nicht verbergen“ (S. 125).
Aber auch der Schluss – das happy end – steht für Baumgart im Zeichen eines ironischen Spiels:
„Es ist also ein Kunstgriff, wenn Sagenprophetien wie der von der Gesundung des nach Moder riechenden Rosenstocks und der Erwartung des allgemeinen Glücks durch einen ‚einhändigen‘ Prinzen leitmotivisch auf die Erfüllung des Romans hinweisen, und wenn gerade die Märchenphantasie des Volkes diese geheimnisvollen Andeutungen auf Klaus Heinrich und Imma bezieht, deren gegenseitige Erlösung eben dadurch ebenfalls ins Märchenhafte zurückversetzt wird. Damit steht das persönliche Glück der beiden (und auch das allgemeine: die Rettung des monarchischen Prinzips durch den Grosskapital!) durchaus in den Spannungen zwischen Schein und Wirklichkeit, dem Tatsächlichen und dem Möglichen, und zwar – ironisch“ (S. 128).
Am gerechtesten werde man dem Roman, so Baumgart weiter, wenn man ihn als eine Utopie bezeichne, „die sich ihres Widerspruches, des von Wünschbarkeit und Wirklichkeit, ironisch bewusst geworden ist“ (S. 129).
„Imaginierte und erfahrene Wirklichkeit treten dabei auseinander und werden nur ironisch, zweideutig aufeinander bezogen, so dass sich Skepsis zwar in gedichteter Utopie überwindet, die Utopie sich aber als Schein und Spiel zu erkennen gibt […] die Ironie stiftet eben nur scheinhaft utopische Verbindungen zwischen dem Wünschbaren und dem Wirklichen und lässt die Wirklichkeit nie aufgehen im Postulat“ (S. 130).
Der Wunsch Tonio Krögers, die Selbstentfremdung und Isolation vom Leben zu durchbrechen, zu sich selbst zu kommen (S. 125), werde im Roman somit nur als märchenhafte Utopie, nur ironisch vollzogen.
Betrachtet man die Argumentation Baumgarts näher, dann zeigt sich, dass sie teilweise auf eine falsche Grundlage fußt: Das Auseinanderklaffen von Wünschbarkeit und Wirklichkeit manifestiert sich für Baumgart vor allem darin, dass die Handlung des Romans in einer unwirklichen, abstrakten Welt spielt und dass diese Abstraktheit völlig beabsichtigt ist von Seiten Thomas Manns:
„Ja, Th. Mann gibt an anderen Stelle ein Beispiel der bewussten und notwendigen Abstraktheit seiner Komposition: ‚… man frage jeden Ästhetiker, wie sich gerade innerhalb meines Buches … reale Ortsnamen ausgenommen haben würden. das Wort ‚Berlin‘, ein einziges Mal in einer einzigen Zeile aufklingend, hätte mit den hundert störenden Ideenverbindungen, die es hervorruft, meine ganze Imagination über den Haufen geworfen‘. Es kam ihm auf Konkretisierung der Ereignisse gar nicht an, sondern eben auf ihre Entrückung in jene Sphäre symbolischer Unverbindlichkeit, in der auch die Königliche Hoheit sich repräsentierend darstellt“ (S. 128-129).
Baumgarts Folgerung, es käme Thomas Mann gar nicht auf Konkretisierung der Ereignisse an, hält einer näheren Prüfung am Text nicht stand. So erfährt der Leser, dass Spoelmann ein Palast in der Fünften Avenue von Neuyork, ein Landhaus in den Adirondacks und eine Yacht im Hafen von Venedig hat. Von Vater Spoelmann heißt es ferner, dass er „im Lande Victoria“ nach Gold gegraben hat, später im südamerikanischen Bolivien tätig war und schließlich sein Geschäft in „Philadelphia im Staate Pennsylvanien“ aufgebaut hat. Das sind ja ganz präzise geographische Konkretisierungen, und es lässt sich zudem hinzufügen, dass die Geschichte des Vaters Spoelmann durchaus als realer Fall eines Unternehmerschicksals unter dem industriellen Boom in den Vereinigten Staaten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gelten mag. Nicht nur hält die Argumentation Baumgarts hier nicht stich, sie zeigt auch die Gefahr, welche die Interpreten laufen, wenn sie den Selbstaussagen Thomas Manns ungeprüft und blindlings folgen. Schließlich offenbart die Unzulänglichkeit von Baumgarts Argumentation, dass was im Roman Märchen und was Wirklichkeit ist, nicht so ohne weiteres auseinander gehalten, geschweige denn entschieden werden kann.
Noch ein halbes Jahrhundert später, im Jahre 2017, hat Jens Ewens eine umfassende Studie zur Ironie in den Werken Thomas Manns vorgelegt. In Bezug auf den Roman Königliche Hoheit liegt Ewens denkbar weit entfernt von den Deutungen Ernst Bertrams und Reinhart Baumgarts. Für Ewens nimmt der Roman eine Sonderstellung im Werk Thomas Manns ein und zwar vor allem deswegen, weil es in diesem Werk nach Ewens überhaupt keine Ironie gibt. Alle Hindernisse persönlicher und gesellschaftlicher Art, die vornehmlich im ersten Teil des Romans zum Vorschein kommen, werden überwunden. Konkludierend stellt Ewens fest:
„Innerhalb des Frühwerks hat dieser Text eine singuläre Stellung. Er inszeniert eine Möglichkeit, für das Problem des modernen Künstlertums eine ästhetische Lösung zu entwickeln. Im Unterschied zu der ironischen Struktur zahlreicher Erzählungen Manns wird hier eine ernsthaft vermittelnde Positionierung versucht, die die Gegensätze zwischen Geist, Kunst und Leben einebnen und zwar mit Hilfe eines Liebesideals, das nicht nur auf die partnerschaftliche Liebe angewendet werden soll, sondern darüber hinaus mit gesellschaftlicher Weiterungen verknüpft ist. Immas und Klaus Heinrichs Verbindung verkörpert zugleich die Verbindung von Geist, Kunst und Leben“ (S .118-119).
Ewens ist darauf aufmerksam, dass der Roman – und insbesondere der Romanschluss – von den früheren Interpreten kontrovers beurteilt worden ist. Er scheint darin eine Weigerung der Forscher zu sehen, in diesem Roman eine Lösung der Künstlerproblematik zu sehen, wo doch diese im Werk des Autors immer nur kritisch und unerlöst verhandelt werde. Für Ewens ist es jedoch möglich, über den Sinn des Schlusses ins Klare zu kommen, wenn man sich auf den Autor selbst stützt:
„Orientierung verspricht eine Selbstdeutung Thomas Manns. An den Schluss solle man durchaus glauben, bekennt er in einem Brief an Bertram und gegenüber dem Bruder Heinrich behauptet er am 26. Januar 1910 mit Blick auf das Romanende, ‚dass man praktisch daran glauben kann‘ […] Mit einem Abstand von mehr als vierzig Jahren betont er, dass die im Romantitel enthaltene Formel zur Einsamkeit aufgelöst werde, dass die Einsamkeit des Künstlers ‚in dem Roman ihre Erlösung, ihren Weg zum Leben und zur Menschlichkeit findet durch die Liebe‘. Bei aller gebotenen Vorsicht gegenüber solchen Eigenkommentaren scheint dieser vor der Hintergrund der grundlegenden Konstellation des Romans durchaus plausibel zu sein“ (S. 117).
Interpreten, die mit Thomas Manns Selbstaussagen zum Roman vertraut sind, wissen, dass Ewens hier eine begrenzte Auswahl von eben diesen Aussagen trifft. Nicht erwähnt werden hier u.a. Thomas Manns Äußerungen, die Wendung zur Gemeinsamkeit und Menschlichkeit werde „nur ironice vollzogen“ und der Schluss sei „wohl ein bisschen populär verlogen“. Solche Aussagen passen offensichtlich nicht in die Deutung von Ewens, der auf eine eindeutig glücklich-positive Lesung des Schlusses aus ist. Eine derart selektive Anpassung der Fakten an die Deutung – und nicht umgekehrt – ist natürlich bedenklich, und sie schwächt die Studie von Ewens erheblich. Aus argumentativer Sicht ist es mit seinem Verweis auf „die grundlegende Konstellation des Romans“, die die Plausibilität der herangezogenen Aussage Thomas Manns untermauern soll, nicht viel besser bestellt. Der Leser von Ewens Studie zum Roman späht nämlich vergebens danach, worin diese grundlegende Konstellation des Romans besteht.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die bisherigen Studien zum Thema Ironie zu keiner Klärung dessen geführt haben, inwiefern von Ironie in Bezug auf Königliche Hoheit besprochen werden kann. Die Studien scheinen eher von vorgefassten Betrachtungen des Romans geleitet zu sein als dass sie auf nachweisbare und vollwertige Fakten im Textmaterial, sei es Romantext oder Aussagen von Thomas Mann, begründet sind.